Bei der Ursachenanalyse gibt es eine kleine Stolperfalle, die aber schon dadurch zu entschärfen ist, dass man sich ihrer Existenz bewusst ist. Diese Stolperfalle sind die sog. Kognitiven Verzerrungen, die oft mit ihrem kürzeren englischen Oberbegriff „Bias“ bezeichnet werden. Es handelt sich dabei um Wahrnehmungsverzerrungen, die dafür sorgen, dass man nicht völlig rational und unvoreingenommen denkt bzw. handelt. Es gibt hunderte dieser Verzerrungen. Einige relevante Denkfehler skizzieren wir hier kurz.
Confirmation Bias / Bestätigungsfehler
Menschen neigen dazu, Informationen so auszuwählen und zu interpretieren, dass ihre eigenen Annahmen bestätigt werden. Gleichzeitig werden Informationen vermieden, die gegen die eigene Hypothese stehen, wodurch sich ein verzerrtes Bild ergibt. Somit besteht die Gefahr, dass auf dieser verzerrten Basis Entscheidungen getroffen werden.
Achten Sie also darauf, dass die Gedankengänge in einer Diskussion auch von der anderen Seite beleuchtet werden. Dazu könnte Ihr Moderator kurz in die Rolle des Devil’s Advocat“ schlüpfen, sofern die initialen Gedanken der Gruppenmitglieder zu nahe beieinander liegen.
Authority Bias
Es ist fast naheliegend: Die Tendenz, dass der Aussage einer Autorität höhere Genauigkeit unterstellt wird als anderen Meinungen. Damit ist es auch wahrscheinlicher, dass sich genau dieser Meinung angeschlossen wird. Das Fatale daran: Die fachlich fundiertesten Kenntnisse hat oft nicht derjenige, der in der Hierarchie am weitersten oben steht. Trotzdem wird seiner Meinung mehr Gewicht gegeben.
Was können Sie dagegen tun, damit das Authority Bias Ihnen nicht die Ursachenanalyse zerstört? Versuchen Sie im ersten Aufschlag, das Hierarchiegefälle im Meeting möglichst gering zu halten. Wenn Ihr Moderator in der Lage ist, auch in einem Konflikt neutral zu vermitteln, ist das natürlich auch wertvoll und hilfreich.
Ingroup Bias
Bleiben wir kurz bei Verzerrungen, die vom sozialen Gefüge der Gruppe geprägt sind. Dem Ingroup Bias liegt das menschliche Bedürfnis zur Zugehörigkeit zugrunde. Das bedeutet, dass der Meinung eines Außenseiters weniger Relevanz zugestanden wird als der Meinung eines Gruppenmitglieds.
Für Ihre Ursachenanalyse wird das relevant, wenn ein großer Teil der Meetingteilnehmer täglich zusammen arbeitet und sich auch als Einheit versteht und dieser Gruppe einzelne Kollegen gegenüberstehen, die kein Teil davon sind. Hier wird die Gruppe sich und ihren internen Ideen höheres Gewicht zumessen als den Außenseitern.
Conformity Bias
Verstärkt wird das Ingroup Bias noch dadurch, dass Menschen sich schnell davon einnehmen lassen, was (vermeintlich) alle anderen tun. Wenn durch eine Prüfung viele Teilnehmer durchfallen, wird das als weit weniger schlimm empfunden als ein einzelner Versager. Und – auf der positiven Seite – wenn gefühlt alle das neue Supersmartphone haben, dann will ich das natürlich auch.
Dem „Außenseiter“ in Ihrem Meeting wird es dadurch möglicherweise noch schwerer fallen, seine der großen Gruppe entgegenstehende Meinung zu vertreten.
IKEA-Effekt
Bitte vernachlässigen auch diese kognitive Verzerrung nicht: Wenn jemand etwas selbst gebaut hat (denken Sie an Ihre Systemadministratoren), dann misst er dem einen signifikant höheren Wert zu, als wenn es ein gleichwertiges fertiges Produkt war. Das kann also z. B. im technischen Umfeld heißen, dass derjenige, dessen Produkt Grund für den zu analysierenden Fehler war, nicht unvoreingenommen an die Diskussion herangeht. Ich möchte sogar noch schärfer sagen: Er kann gar nicht unvoreingenommen sein.
Sunk Cost Fallacy / Irrational Escalation / Escalation of commitment / Entrapment
Was wäre eine Ursachenanalyse ohne einen finanziellen Aspekt? Sunk Costs sind Ausgaben, die getätigt wurden und die man nicht mehr ungeschehen machen kann. Beim Sunk Cost Fallacy lässt man sich in weiteren Entscheidungen davon beeinflussen, dass das bisher investierte Geld sprichwörtlich versenkt worden ist.
Ein einfaches Beispiel: Sie haben Karten für ein Fußballspiel gekauft. Dieses Geld ist weg. Am Tag des Spiels fühlen Sie sich nicht wohl und obendrein ist das Wetter sehr ungemütlich. Eigentlich würden Sie das Spiel lieber vom Sofa aus im TV sehen.
Wie entscheiden Sie sich? Fahren Sie ins Stadion, um das Geld nicht verschwendet zu haben? Dann sind Sie diesem Bias aufgesessen. Das Geld bekommen Sie eh nicht zurück und so ist die Option mit dem Sofa an dem Tag tatsächlich die für Sie bessere Wahl.